Mythos Rum 

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Eine kleine Geschichte des Rums

 

Die Entstehung des Rums wäre ohne Christoph Kolumbus undenkbar. Bereits auf seiner zweiten Reise, 1493, nahm er auf Verlangen der spanischen Königin Setzlinge des Zuckerrohrs mit auf die Inseln der Neuen Welt und legte damit den Grundstein für die weitere Entwicklung dieses süßen Rispengrases. Da Zucker zu damaliger Zeit ein sehr gefragte Produkt in Europa war, sann man nach Anbaumöglichkeiten, die jenseits der bislang vorherrschenden orientalischen Heimat des Zuckerrohrs lagen. Die neu entdeckten Inseln lagen klimatisch günstig und zeichneten sich auf Grund ihrer Bodenbeschaffenheit als ideales Wachstumsgebiet für Zuckerrohr aus.

Der Anbau dieses Gewächses setzte vieler Menschen Hände voraus. So war es kein Zufall, dass in den ersten Tagen der Kolonisation die friedlich lebenden Ureinwohner von den spanischen Eroberern zum Zwecke der Sklaverei gefangen genommen wurden. Sie waren jedoch den körperlichen Strapazen dieser harten Arbeit nicht gewachsen, sodass sie den Spaniern, die für den Genozit dieser Indianerstämme verantwortlich waren, letztlich keine ausdauernde Hilfe waren.

Die Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents konnte im nachfolgenden Jahrhundert das Problem des spanischen Weltmachtsanspruches beheben: afrikanische Sklaven wurden zum Zuckerrohranbau in die karibische Welt entführt. Durch sie begann die Entwicklung des Rums.

Für die Eroberer der Antilleninseln und des kontinentalen Festlandsgebietes, die ab dem 16. Jahrhundert aus ganz Europa kamen, war es wichtig, dass die eingesetzten Sklaven die erzielten Gewinne nicht durch zu hohe Unterhaltskosten minimierten. Da man an Nutztieren bereits erkannt hat, dass die Abfälle der Zuckerherstellung recht kräftige Nährmittel darstellten, kamen diese auch bei den Afrikanern zum Einsatz. Später stellt man fest, dass die mit Wasser vermengte Melasse mit Faseranteilen versetzt, schnell zu gären anfing und in geklärter Form einem Alkohol der Ureinwohner nahe kam. Diesen „Zuckerrohr-Wein“ gab man den Sklaven als Getränk zur Stärkung und Belohnung. In Europa, vornehmlich in Holland und Frankreich, setzte inzwischen die Entwicklung destillierter Brände zum Einsatz als trinkbaren Alkohol ein. So erstaunt es nicht, dass bereits zu Beginn des 17. Jahrhundert die ersten Kupferbrennblasen in die Karibik geschickt wurden. Die Zuckerpflanzer begannen, ihre Abfälle zu vergären und anschließend zu brennen. Der daraus entstandene Alkohol wurde „Tafia“, „Guildive“ oder „Kill Devil“ genannt und wurde ausschließlich von Sklaven konsumiert. Das ursprünglich sehr rauhe und scharfe Getränk wurde dann aber von einer ganz anderen Gruppe für sich entdeckt: den Seeleuten.

Eines der Hauptprobleme der Seefahrt war die Haltbarmachung von Wasser und Lebensmitteln. Begannen die Reisen in Europa, konnten Vorräte in Form von Frischwasser oder Bier mit an Bord genommen werden. Doch beide Getränke überstanden eine oft monatelang dauernde Reise nicht und förderten durch ihren Genuss eine Reihe von Krankheiten. In der Karibik angekommen, berauschten sich die Matrosen an einem billigen Alkohol, der dort in großen Mengen vorhanden war: einen Zuckerrohr-Schnaps. Um den scharfen Geschmack zu neutralisieren, mischten die Seeleute das Destillat mit dem Saft einer für Sie fremdartigen Frucht, der Limone. Dieses Getränk nahmen sie mit auf ihre Heimreise und stellten fest, dass Tafia mit Limettensaft dem brackigem Wasser eine angenehme Süße verleih und darüber hinaus auch dem gefürchtetem Skorbut vorbeugte. Ursprünglich glaubten die Matrosen, dass Tafia und nicht die vitaminreichen Limetten die prophylaktische Fähigkeit besaß. So vollzog sich ein Wandel beim Tafia: vom Getränk der Sklaven zum Getränk der Seeleute. Die Eigenschaften dieses Destillats waren von unschätzbaren Vorteil für die nachfolgende Seefahrt. Er motivierte die Matrosen, beugte in Verbindung mit Limonen dem Skorbut vor und machte sowohl Trinkwasser genussfähig als auch die in ihm eingelegten tropischen Früchte über einen längeren Zeitraum haltbar. Zudem war er billig, stand ausreichend zur Verfügung und war, im Vergleich zum Bier, für die Dauer der Seereise ohne Verderb.

Es gibt eine Reihe von Gründen, wie der Name Rum entstanden sein kann. Bis heute ist jedoch der wahre Ursprung unbekannt. Man geht jedoch davon aus, dass er durch die Begriffe „Rumboullion“ oder „Rumbozze“, die beide im Sprachgebrauch der Sklaven als Synonym für Aufstand, Rebellion standen, entstanden ist. Das Interesse der Seefahrer führte dann zur weltweiten Verbreitung dieses Namens.

Rum führte im 18. Jahrhundert eine untergeordnete aber feste Rolle bei den Zuckerbaronen. Der amerikanische Kontinent diente den kolonialistischen Machtinteressen der Europäer. Hier herrschte jetzt eine neue Ordnung. Die Ureinwohner waren weitestgehend ausgestorben, für den Sklaventransport waren feste Schifffahrtsrouten eingerichtet und die Besitzer von Zuckerplantagen lebten in ungeheuerem Reichtum. Sie verdienten am Zucker, an den Schiffen, an Waffen- und Werkzeugtransporten und letztlich auch am Rum, der inzwischen Teil des Lohnes der Matrosen darstellte. Dieser Reichtum lockte die nächste Generation der Rumtrinker in die Karibik: Piraten und die zum Schutz vor diesen notwendigen Marinesoldaten. Auch für diese beiden Seefahrergruppen war Rum ein fester Bestandteil der Heuer. Die britische Marine z. B. hielt an dieser Tradition bis 1973 fest! So war es kein Wunder, dass Rum in Europa zunächst den Ruf eines derben Getränkes für Sklaven und den sklavenähnlich lebenden Matrosen hatte.

Durch die langen Schiffspassagen, in denen der Rum im Fass nach Europa gefahren wurde, wandelte er sich vom ursprünglich noch rauhen Schnaps zu einem angenehm schmeckenden Getränk und eroberte den alten Kontinent. Der Rum setzte sich vornehmlich in Europa in Deutschland (Flensburg), Frankreich (Bordeaux) und England (London, Liverpool) durch. Weiterhin erfreute er sich in Nordamerika großer Beliebtheit und wurde bereits von George Washington zur Motivation seiner Revolutionssoldaten eingesetzt. Teilweise wurden jetzt auf den karibischen Inseln mehr Gewinne mit Rum eingefahren als mit dem Zucker. Schuld daran war die Entdeckung, dass man Zucker auch aus der europäischen Zuckerrübe gewinnen konnte. Dies führte zum Ende des 19. Jahrhunderts zu ernsthaften Krisen in den Zuckerrohrländern. Der Weitsicht einiger Pflanzer ist es zu verdanken, dass sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der Zuckerproduktion auf ausschließliche Rumdestillation umschwangen und somit einen neuen Wirtschaftszweig ins Leben riefen. Nachdem dann in Amerika die Prohibition tausende Amerikaner zur Fröhnung des alkoholischen Genusses auf die vor der Haustür liegenden karibischen Inseln (vornehmlich Kuba) trieb, erreichte Rum ein neuer Entwicklungsstand: zum Getränk der Kenner. Die Rumdestillateure waren ab jetzt bemüht, Rum als Qualitätsgetränk durchzusetzen. Ausgeklügelte Maischeproduktionen, aufwendige Herstellungsmethoden und unterschiedliche Lagerzeiten förderten eine Produktvielfalt, wie sie höchsten noch beim Wein zu finden ist. Wenn man bedenkt, dass um 1900 allein auf Martinique über 300 Destillerien Rum produzierten und jede mehrere Sorten herstellte, wird klar, welche Sortenvielfalt es beim Rum gegeben haben muss. Aber auch heute gibt es noch weit mehr als 1.500 verschiedene Rums, die in ihrer Bandbreite das Spektrum von an Tafia erinnernden Rum bis zum mehrere Jahrzehnte gelagerten, die Herzen jedes Connoisseurs höher schlagen lassenden Premiumrums, bieten.

 

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